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Geburtsdaten, Gewinnspiele und personalisierte Werbung

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Gerade eben habe ich online Pflanzenhaarfarbe bei einem Naturkosmetikversand bestellt. (Die Gründe dafür – die Bestellung wie die Pflanzenhaarfarbe – sind eine andere Geschichte und sollen ein anderes Mal erzählt werden). Zu den Pflichtangaben bei der Bestellung gehörte: mein Geburtsdatum.

Nun kann ich verstehen, dass ein Versender Wert drauf legt, sicher zu stellen dass Leute die bei ihm etwas bestellen geschäftsfähig sind. Aber dafür muss er nicht mein Geburtsdatum haben. Da reicht ein Kästchen zum Anhaken (wie die leidigen AGB) dass der Besteller mindestens 18 Jahre alt ist, oder whatever. (Oder glaubt allen Ernstes jemand, Kids seien nicht smart genug ein Fake-Geburtsdatum einzugeben?)

Aus vielen Gründen, von denen einige mit Themen wie Identity Theft zu tun haben (meine Adresse, mein Name und mein Geburtsdatum sind Kennzahlen, mit denen man sich durchaus wirtschaftlich schädigend für mich ausgeben kann) habe ich mir für Fälle, wo es unvermeidbar ist, ein Fake-Geburtsdatum zugelegt. Aber dennoch ärgert mich das. Im Bundesdatenschutzgesetz, so sehr der Staat es auch gerade selber auszuhöhlen versucht, steht aus gutem Grund etwas über Datensparsamkeit und Datenvermeidung.

Wofür braucht ein Kosmetik-Versender mein Geburtsdatum? (Dazu gleich mehr).

Sehr beliebt ist das Abfragen des Geburtsdatums auch bei Gewinnspielen, auch hier wird gern damit argumentiert, dass der Teilnehmer volljährig zu sein habe – und auch hier gilt: eine Erklärung, dass ich volljährig bin, würde für den Zweck völlig reichen. Also für den vorgeblichen.

Denn warum sie natürlich eigentlich alle an mein Geburtsdatum wollen, ist:

  • um mich dataminen und einer tollen Alters- und Zielgruppe zuordnen zu können
  • um mir sinnfreie Werbung “zu meinem Geburtstag” schicken zu können a.k.a. Kundenbindungsinstrumente des 20. Jahrhunderts einzusetzen.

Wenn bei dem Datamining denn wenigstens etwas rauskäme, wovon ich als Kunde profitieren würde, wär’s ja toll. Also eine echte personalisierte Werbung zum Beispiel (ja, sowas fände ich toll). Auf Twitter beklagte kürzlich eine Bekannte,

Aber Amazon, denen ich nun schon relativ viel meiner Daten überlasse, bekommt es nicht hin zu kapieren, dass ich kein Zubehör zu etwas kaufen will das ich verschenkt habe; dass ich wenn ich den neuesten Roman eines Autors gekauft habe, diesen gleichen Roman nicht nochmal in 4 anderen Ausgaben erwerben möchte, dass ich wenn ich gerade einen Bluray-Player bestellt habe, ich nicht noch 5 Bluray-Player brauche, und eine Vorauswahl von ‘zeige mir Klamotten nur wenn sie in meinen voreingestellten Größen vorrätig sind’ ist schon mal gar nicht vorgesehen. (Ich bin mit der Klage nicht alleine, wie man bei Isotopp sieht).

Facebook hat nach Dutzenden von Ablehnungen von Anzeigen für irgendwelche Diät-Scams (als ‘irreführend’ oder ‘anstößig’ geflaggt) nicht kapiert, dass ich keine Diätwerbung sehen will, schickt mir aber (da ich eine Frau bin vermute ich) jetzt neben den gefühlt 300mal geblockten Zalando-Bannern wahlweise Werbung für niedlich geblümte Sommerkleidchen (*so* not my style) oder XXL-Mode. Der Effekt wird sein, dass ich Seiten wie FB wieder mit aktiviertem Adblocker ansurfe.

Das Hinzufügen meines Geburtsdatums, oder meiner Telefonnummer (screw you Google – wobei Google meine Telefonnummer längst hat, wenn sie auf die Idee kommen, die Gmail- und Android-Adressbücher meiner Freunde danach zu scannen) macht meinen Account nicht sicherer, wohl aber die Daten kompletter, und damit wertvoller im Verkauf. Damit wiederum sie jemand dataminen kann um mir Zeug andrehen zu wollen das ich weder will noch brauche. Selbst wenn das Geburtsdatum in meinem Profil real wäre, würde sich daran nichts ändern.

Ich frage mich, wann die Werbetreibenden kapieren, dass ihnen da jemand des Kaisers neue Kleider verkauft? Und wann ich endlich nur einen Button “ja ich bin volljährig und geschäftsfähig” anhaken darf, statt Zahlenkombinationen für mein Geburtsdatum zu randomisieren – das die Datenkraken da draussen nach wie vor einen Scheissdreck angeht.


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